Dienstag, 26. Oktober 2010

Ein Stück Wiener Geschichte, das Musikhaus Placht

Wien ist weltweit mit klassischer Musik assoziiert. Mehrere große Konzert- und Opernsäle werden täglich bespielt. Die Lehrstätten ziehen Studenten aus allen Erdteilen an. Musik bedeutet ein großes Stück Identität für diese Stadt.
Vor einigen Jahrzehnten drückte sich dieser Umstand in den Gassen der Innenstadt auch in der Dichte der Geschäfte aus, die alles anboten, was man zum aktiven und passiven Musikgenuss benötigte.


 Bis zum Frühjahr 2010 am Fleischmarkt 14

 In den letzten Jahren setzte ein immer schneller ablaufendes Sterben nicht nur solcher Geschäfte, sondern vieler anderer Sparten ein. Besonders im ersten Bezirk, in den Toplagen der Fußgängerzone rund um die Kärnterstraße und  Graben geht gefühlsmäßig fast täglich ein Stück Wiener Identität verloren. Ich berichtete schon darüber.
Hier ist ein Widerspruch festzustellen. Auf der einen Seite werden  Häuser der Gründerzeit gewissenhaft  renoviert, Vieles steht unter Denkmalschutz. Auf der anderen Seite gehen alte Geschäftsportale, die Wien ein unverwechselbares Aussehen und den gewissen Flair verleihen, vor unseren Augen unwiederbringlich verloren.



So zeigen neue Entwicklungen am Immobilienmarkt ihr an der Oberfläche vordergründig schön anzusehendes Gesicht. Moderne Portale großer Textilketten ersetzen das Alte, Vieles steht leer, die zum Teil zehnfach hohen Mieten können sich die alteingesessenen Mieter oder Nachmieter nicht leisten. Davon sind auch Juweliere und andere kleine, hochspezialisierte Geschäfte nicht ausgenommen. Die Vielfalt und Unverwechselbarkeit schwindet.

Eine kleine Freude bereitet mir vor diesem traurigen Hintergrund das Glück, auf eines der ältesten Läden in der Rotenturmstraße rechtzeitig aufmerksam geworden zu sein. Ich machte noch ein Foto vom Musikhaus Placht, bevor es endgültig niedergerissen wurde.


      Papierfachgeschäft in der Wollzeile

Wo gehen Musikstudenten heute hin, wenn sie mal schnell eine Seite brauchen, oder ein paar Noten? Hier wurden sie bis zum Frühjahr versorgt, der kleine Laden konnte sein 200jähriges Bestehen nicht mehr begehen. Das wäre 2016 gewesen. Fast 200 Jahre lang Instrumente und Zubehör auf einigen Quadratmetern Fläche mutet ja schon als kleines Wunder an. Damit ist es jetzt vorbei. Der Nachfolger könnte sich hier einen Bruchteil dieser Zeitspanne halten, aber das störte ja prinzipiell nicht. Es wäre nur schön, wenn wir in Zukunft noch in einem oder anderen kleinen, feinen und speziellen Geschäft einkaufen und ein paar solcher wunderschönen Geschäftsportale aus Holz bewundern könnten. 



Schönbichler und Co. bitte bleibt und erhaltet uns ein Stück des gründerzeitlichen Wien, wir lieben es.

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