Donnerstag, 20. Oktober 2016

Freitagstexter / The Winner Is...

Bevor es an die Auflösung des Freitagstexterfotos geht, nehme ich euch auf eine kleine Reise mit. Nachdem mir ein sehr inspirierendes Buch über Straßenfotografie in die Hände geraten war, versuchte ich immer wieder mal Anregungen daraus aufzunehmen und zu "üben". Sich auf wenige Elemente zu beschränken macht Spaß und regt dazu an, die Welt aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Bewusst in die Reduktion zu gehen kann ein Motiv bekanntlich hervorheben, aber gibt es auch Blickwinkel, die nicht so häufig angewendet werden und doch spannende Ergebnisse bringen können? 
Eine der Aufgaben lautete: Sich einen Aspekt zu suchen und dann für den Tag dabeizubleiben. Schwer, wenn man gewohnt ist eher breitbandig wahrzunehmen und festzuhalten, was gerade interessant erscheint, egal, ob sich das Motiv in der Ferne oder Nähe befindet. 
Nun, die Aufgabe bestand darin Menschen von hinten zu fotografieren. In einer Großstadt wie Wien, noch dazu in der City, laufen im Sommer genug interessante Leute herum. Trotzdem fiel mir die Aufgabe zunächst nicht leicht. Man geht hinterher, bewegt sich also mit und sollte dabei nicht zu sehr verwackeln, was gegen Abend zunehmend schwerer gelang. Gerade da machte es aber am meisten Spaß.
Bei der Durchsicht sah ich auf einmal, wieviele Geschichten diese Bilder bei genauerer Betrachtung erzählten, sie ließen viel Raum für eigene Fantasien. 











Zu unserem Freitagstexterbild:
Die junge blonde Schöne in diesem wunderbar frischen Kleid war begleitet von einem etwa doppelt so alten Mann mit chinesischem Aussehen. Sie schlenderten entspannt durch das "Golden Quarter", Graben/Kohlmarkt, der Wiener City. Ich sah sie zuerst von vorne, um mich dann sogleich an ihre Fersen zu heften. Ein so ungleiches wie interessantes Paar.
Schon in meiner Jugendzeit setzte ich mich manchmal mit einer Freundin auf die Mauer bei der Oper, wo wir nichts anderes taten als Passanten anzuschauen und zu raten was für Berufe, Partner, Kinder sie wohl haben würden. Da es nie zur Auflösung kam, weil wir zu feige waren, auch nur eine/n zu fragen, ergingen wir uns in unseren eigenen Fantasien und verglichen unsere Geschichten miteinander. Sowohl meine Freundin, als auch ich ergriffen später Berufe, die eine genaue Beobachtung des Menschen erforderten. Heute sind es oft die Bewegungsabläufe und Körperhaltungen die mich interessieren, aber sicher nicht nur das.

Aber nochmal zurück zum Bild: Ich fands lustig eure Kommentare zu lesen, die Bandbreite bis hin zur Psychiatrie! Euch ging es wohl ähnlich wie mir, wenn man nicht in die Gesichter sehen kann, bekommen die inneren Bilder Beine...



Nun endlich zur Weitergabe des Pokals!

    Wie gesagt: Alle eure Kommentare brachten mich zum schmunzeln! Danke! Ihr habt meinen Tag ein bisschen fröhlicher gemacht und mich staunen lassen.

    Der Pokal geht an: 

Trolleira!!!!

Er hat mich mit seinem Kommentar zum lachen gebracht:  "Komm schon Putzi, da vorne gibt's die Schuhe mit Absätzen!" 

Herzlichen Glückwunsch und viel Spaß bei deiner Bildauswahl für den nächsten Freitagstexter.

Euch ein Bild interpretieren zu lassen hat Spaß gemacht, vielleicht gibts hier ab und zu mal ein kleines Ratespiel, außer obligo, was meint ihr?



     

Samstag, 15. Oktober 2016

Freitagstexter / here you go

Na dann mal auf die Plätze, fertig, los :-)

 

Von  Miz Threefivesix den Freitagstexter der Woche bekommen (und es nicht mal gleich bemerkt). Darum mit Verspätung die Einladung, einen kleinen feinen (lustig bis ironisch, alles ist erlaubt) Kommentar zum Bild da zu lassen. Ich darf dann nächste Woche Donnerstag den Pokal weitergeben. Bin gespannt auf eure Ideen!




  


Schlagen wir Räder?

Träume vom Ritter, dem Edlen (ohne Fehl und Tadel selbstverständlich). Heute nicht mehr und schon sehr lange nicht mehr. Als Mädchen vielleicht. Da kommt er daher, hievt unsereins aufs Pferd, mit einer Leichtigkeit versteht sich und verwöhnt uns ab da mit Perlen und Seiden, die er auf den Finanzmärkten oder sonstwo gejagt hat. Er bewundert unsere Schönheit und Anmut und wenn er in den Flieger steigt, wirft er uns eine Kusshand zu (damit alle sehen können, er gehört uns) und ein wenig später lässt er uns mit Kurier Nachricht, wie sehr er uns schon vermisst. Wir sind stolz, dass wir ihn "ergattert" haben.



Wann ist die Frau ´ne Frau (frei nach Herbert Grönemeyer)?
Wenn sie dem Held  in der Rüstung die Beinkleider und den Waffenrock vom Leib gerissen oder eher, wenn sie ihn schmachtend bewundert. Wie sein oder nicht sein, Frage?




Soll frau genießen und schweigen oder das für alle Zeiten dem Mann überlassen? Sie sieht sich um und wundert sich und ist damit sicher nicht alleine.
Immerhin, frau kennt sich aus: Zurzeit spielen die Abgründe des Menschlichen gerade nicht verstecken, sie zeigen alles und das auf der größten Bühne der westlichen Welt. Ob Mann oder Frau, seit Shakespeare gab es keine solche Tragikkomödie mehr, nicht einmal ansatzweise. 



Wir machen große Augen, sind uns sicher den Applaus verweigern zu wollen und nicht nur das.
Wir wollen Freude teilen, gemeinsam eine inspirierende Wirklichkeit schaffen, an das Gute und Schöne im Menschen glauben, immer wieder daran anknüpfen, üben und andere darin anstiften. Marionetten können das nicht. 
Sie zu sehen kann auch spannend sein, für uns eher nur für kurze Zeit. Wir sehen ihre Aufgabe und ihr Ziel. Sie streuten uns Sand in die Augen, wenn wir das zuließen.

"Was für ein schöner Tag", sie singt im Rhythmus der Bewegungen mit denen sie das Wasser holt und in Fontänen tanzen lässt. Augenblick verweile! Die Lebendigkeit eines Augenblicks. Mann, Frau, was spielt es für eine Rolle. Wir reihen Augenblicke aneinander und entscheiden was wir sehen, fühlen, leben. Wem oder was wir den Zuschlag geben. High five.



Upside down, inside out. Perspektivenwechsel. Mich können die Dummen, Dreisten und Frechen nicht haben. Ihnen schenke ich meine Energie und Aufmerksamkeit nicht. Weder meinen Ärger, noch meine Wut, noch meine Klagen, auch meine Enttäuschung bekommen sie nicht. Ich schaue dorthin wo ich echtes Leben, Schönheit, Fülle, Freude finde und wenn ich wütend oder frustriert bin, dann weiß ich warum und kann etwas dagegen tun, denn dann ist es in meiner Welt und ein Teil von mir gewesen.



Stell dir vor es wird ein Drama gegeben und keiner schaut mehr hin. 

Wir schlagen inzwischen Räder (also ich persönlich nicht mehr), bekommen Enkelkinder (also ich ja, das Erste), holen noch immer Gemüse aus dem Garten und verkochen es mit Wonne und sollte jemand daherkommen und uns naiv schelten, dann sagen wir einfach, dass wir das Echte lieben. Ein Leben, so friedlich, genüsslich und lebensfroh, wie wir es eben schaffen. Wir stellen unsere Frau, sagen unsere Meinung und sind entspannt dabei (wenn wir es schaffen, wir haben uns das vorgenommen)
Wir warten auf keine Ritter mehr (die bringens eh nicht, obwohl sie hübsch anzusehen sind), wir leben inmitten des Fußvolkes und fühlen die Frau in uns. Mit und ohne Räder zu schlagen. 

Wir tun, was zu tun uns gegeben ist. Tun wir, was eine Frau tun muss? Wir haben uns dem Leben verschrieben und lassen uns nicht mehr einreden, dass Gemetzel zwangsweise sein muss. Wir drehen am Rad der Zeit, wir achten auf unsere Energie (wir schaffen das immer besser), wir lieben das Leben.


Alle Fotos sind übrigens vom letzten Sommertag dieses Jahres hier, nämlich am 1. Oktober. Sie sind beim Mittelalterfest im Schlosspark Laxenburg entstanden. Das Erste hat sich aus einer parallelen Traumwelt herein geschwindelt, zufällig lag mein Finger am Auslöser. Schnappschuss auf Zeitreise.

  


Sonntag, 2. Oktober 2016

Sitze auf Erde

Je älter ich werde, umso mehr brauche ich das Eintauchen in die Wucht der Elemente. In einem Leben, das so geordnet wie überschaubar einen angenehm plätschernden Tag nach dem anderen bringt, drängt sich dieses Bedürfnis immer wieder in den Vordergrund. Klingt nach Drama, ist es nicht. 

Ich muss die Erde spüren. Wind, Regen, Sonne, Wasser. Und das so unmittelbar wie möglich. Es tut mir gut, sehr gut.



Ich merke wie mich dieses Erleben stärkt und mich lebendig fühlen lässt. Nicht dass ich mich allgemein unlebendig fühlen würde, nein das gar nicht. Aber da ist etwas, das mich mehr rückverbinden kann als alles andere. In geschlossenen Räumen meditieren kann das nicht ersetzen. Auch nicht ab und zu in den Garten setzen und den Libellen zuschauen.

Mein persönlicher Jakobsweg liegt in Irland ausgebreitet. Soweit nichts Neues. Er hat keine Stempelstationen, manchmal schlechte Wegweiser oder unbegehbare Wege, aber er gehört oft mir (oder bei meinem letzten Aufenthalt im September auch dem Mann an meiner Seite) alleine. Da geht kaum einer! An manchen Stellen trifft man jemanden und freut sich, es ist ja nicht so, dass man die Einsamkeit sucht, aber sich allein in einer Landschaft zu erleben verstärkt das Naturerlebnis noch um einiges. 




Die Bilder in diesem Beitrag sind vom Strand in Waterville, Kerry. Da gehen die Einheimischen am Abend mit ihren Hunden auf und ab oder auch so, zum auslüften nach der Arbeit. Es sind meist nicht viele, auch hier nicht, an so einem schönen Ort. 



Vom durchkämpfen über die Hügel, die von unten so harmlos daherschauen gibt es keine Bilder. Wenn du die Regenjacke zum fünfzehnten Mal angezogen hast (dazwischen musst du sie ausziehen, weil du sonst vor Hitzestau stirbst, die Sonne dich zur Anstrengung auch noch anheizt) und du aus jedem Schritt im aufgeweichten Hochmoor am liebsten eine Diplomarbeit machen würdest (wie tief sinkst du diesmal ein, womit hat das hier zu tun, wirst du den Fuß mit oder ohne Schuh herausheben, hört das denn hier nie wieder auf, wird die Sonne doch noch herauskommen, oder der sechste Regenschauer auf dich niederprasseln. Das hier ist ein Weitwanderweg, warum also ist er eigentlich unpassierbar, ist zwischen dem Stechginster noch ein Durchkommen möglich oder gibst du gleich auf, usw usf), wirst du die Kamera ganz tief im Rucksack versenken, sonst wirst du sie irgendwann irgendwo ins Moor pfeffern.




Und dann drehst du dich um und siehst, wie sich die Wolken über dem Hügel da drüben bilden, aufbauen und langsam zu dir herüberwandern und beim nächsten Blick kannst du wetten, ob du es noch schaffst, die Jacke rechtzeitig anzuziehen. Und du siehst, wie die Sonne zwischendurch die rötlichen Ähren des hohen Grases golden glänzend macht. Der Wind in der Senke die langen Halme hin und herweht und herrlich singen lässt. Und du willst hier nie wieder weg, weil du das Fell der Erde gefunden hast. Das goldene Vlies, den weichen grünen Teppich, auf dem du dich ausstrecken und für eine Weile bleiben magst ( es aber nicht tust, weil du weißt, dass es da drunter richtig richtig feucht ist) 




Früher bekam ich die Krise, wenn es am schönsten war. Ich würde dies hier verlieren, nie mehr erleben, verlassen müssen. Heute nehme ich all dies mit. Das Schöne und das Unangenehme, das Tiefe und das Oberflächliche. Das Mühsame und das Leichte. Es ist in mir, so wie ich es einmal erlebt habe, es verlässt mich nicht. Ich mag es nur von Zeit zu Zeit auffrischen, mich mit allen Sinnen erinnern, meinem Körper erleben lassen, was zu ihm gehört, was ihn fühlen lässt, dass er ein Teil dieser unglaublich schönen Natur ist.

Ängste können sehr subtil sein. Man könnte sich verkühlen, sich verletzen, verlorengehen und Vieles mehr. Aus den Tiefen der Kindheit wirken die Anweisungen gerne weiter. Zieh dir genug an, sichere dich ab, lass dich auf keine Abenteuer ein. Vorsicht schadet natürlich nie, keine Anstiftung zur Waghalsigkeit hier. Das bin ich nicht und werde es wohl nie sein. Aber aus der Komfortzone raus, sehen wie es sich anfühlt, wenn die Bedingungen mal anders sind, sehen wie man darauf reagiert, welche Gefühle und Gedanken auftauchen. Erleben, dass das Eintauchen in die Elemente selten krank macht, sogar sehr selten. 




Wir hatten herrliche Tage. Den ganzen Tag draußen, auf den Bergen, am Meer, in den Wolken, im Regen. Zwischen den Steinen und dem Gras, unter Bäumen, beim Moos und den steinernen Elfen im Sand, im saugenden Moor, zwischen dem Kommen und Gehen der Wellen, Ebbe und Flut. Ganze lange Tage verwöhnt von Sonne und Wind, Wärme und Kühle. All das machte keine Schmerzen, auch nichts kaputt, im Gegenteil, es fügte zusammen. Das merke ich mehr und mehr, jetzt, wo es schon wieder ein paar Wochen zurückliegt. 

Je älter ich werde, umso mehr freunde ich mich mit dem vermeintlich Unbequemen an, der Kraft der Elemente, der Schönheit des Vielfältigen. Ich sitze auf Erde wie vielleicht noch nie in diesem Leben... 


    


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