Der vergangene Tag grau in grau - wie viele dieser Tage. Nicht wirklich was Neues. Wir stellen uns zu Zeiten ja schon darauf ein. Trotzdem kommt es immer wieder überraschend. Das ist wie mit dem ersten Schnee, er überrascht uns, obwohl wir wissen, dass er fallen wird.
Alle Fotos: Ross Carbery, an der Südküste Irlands, Mai 2010
Meine Beziehung zum Grau hat sich in den letzten Jahren etwas gewandelt. Es enttäuscht mich nicht mehr. Ich rechne damit, denn es kommt ja wieder und wieder. Die Veränderung geschah in Irland, allmählich, am Meer.
Wenn alles ineinander verschwimmt, suchen die Augen Anker. Sand, Wasser und Himmel haben sich zu einem gemeinsamen Tanz verschworen und geben ihr Bestes. Es ist nicht nur die orange Windjacke, die mich nicht zu einem Teil dieses Szenarios werden läßt. Ich beobachte und gehe mit oder gegen den Wind. Salzige feuchte Luft kommt böig daher, das Atmen angenehm.
Da kommt ein Schwarm Strandläufer, ein herrliches Schauspiel. Sie fliegen auf, um gleich darauf wieder wie Noten auf einem Notenblatt zu landen und im Sand zu picken. Kurze, sehr schnelle Schritte, alle die Schnäbel in die selbe Richtung. Eine lautlose Strandläufermelodie.
Ein Stück weiter rasten Möwen auf Felsen. Sie breiten ihre Flügel langsam, bedächtig aus, gleiten dann über die Wasseroberfläche um bald wiederzukehren. Manchmal einzeln, manchmal in kleinen Gruppen.
Wenn ich ihrem Treiben zusehe, fühle ich Freiheit.
Egal, was sie tun, das Grau verändert sie nicht.
Es kann ihnen nichts anhaben. Sie schweben, gleiten, tauchen ein und wieder auf, kreischen, lassen sich nieder, rasten.
Dann irgendwann braucht es keinen Anker mehr draußen. In meiner Brust ist es warm und ich spüre die Stärke vom Schweben, Gleiten, Ein- und wieder Auftauchen, Kreischen, mich Niederlassen und Rasten.
Das Grau verändert mich nicht.
Und alles ist Eins.
Frei sein und Eins sein, kein Widerspruch.
Die orange Windjacke läuft noch immer über den Strand, ein bisschen Farbe tut trotzdem gut.
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