Montag, 10. Oktober 2011

Jedes Jahr Verwunderung

Jedes Jahr Verwunderung. Wenn im Herbst die Wintersaat gekeimt ist und die zarten Halme des Getreides wachsen, das im nächsten Jahr fruchten wird. In Frühlingsfarbe stehen sie da, irgendwie fast unanständig, unpassend, wo rundherum alles zum Braunen, zum verwelken strebt. Wie ein lebendig gewordener Widerspruch die Felder, jetzt, da die Temperaturen vom Sommerniveau heruntergepurzelt sind. Wie von einer geheimen Kraft gezügelt, halten die Triebe dann je in ihrem Wachstum inne. Nichts geht mehr, aber dieses Grün leuchtet weithin, mit der Begeisterung eines jugendlichen Sturms der Lebenskraft. Unter Schnee begraben, bei eisigen Temperaturen zum Boden geduckt, durchtauchen die Pflänzchen Monate, um dann unbeirrt weiterzuwachsen.



Ich liebe es, an solchen Äckern vorbeizugehen. Es beruhigt tief drinnen in mir. Entgegen des Mainstreamdenkens vom allzeitnotwendigen Wachstum breitet es eine Wahrheit aus, die von Zyklen zeugt. Wir Frauen erkennen dieses Geschehen vielleicht schneller wieder, betrifft es uns doch körperlich sehr direkt. Wir haben da eine innere Referenz, sozusagen. 

Rhythmen erkennen, aufgreifen und umsetzen - wenn mensch das schafft, entspannt sich das Leben. Ein bisschen mehr davon und ein bisschen weniger Zielen nachhecheln: So könnte der Winter richtig schön werden! 

Das schreibe ich mir hinter die Ohren und lasse es anklopfen. Wenn ich dort vorbeikomme, wo die Wintersaat steht, mit der Gewissheit für die richtige Zeit. Die Farbe ist schon da, alles andere findet sich.

5 Kommentare:

  1. Liebe Elisabeth,
    was Dir die Wintersaat sagt, kenne ich - ich hatte so eine Sehnsucht nach Ruhe... entspannen, Kopf ausschalten. Gut, wenn man einen Ort hat, der es einem geben kann.
    Viele Grüße und bis bald mal wieder!
    Renate

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  2. Hallo Elisabeth,
    leider steht um uns herum nur auf einigen Felder die grüne Wintersaat, die anderen sind eher gelblich-braun, sonst bekäme ich beim Blick aus dem Fenster wohlmöglich noch Frühlingsgefühle...Ich finde es auch immer wieder erstaunlich, wie diese Saat die widstrigsten Bedingungen übersteht und die Pflänzchen dann selbst dem härtesten Winter trotzen, um dann im Frühjahr aus den Startlöchern zu springen. Dein Foto strahlt sehr viel Ruhe aus und lässt auf das nächste Frühjahr hoffen.

    Zu Deiner Frage: ich habe es zunächst wirklich nicht übers Herz gebracht, diese Tomate zu essen. Erst als sie bereits überreif war und anfing ein wenig schrumpelig zu werden ist sie im Kochtopf gelandet.

    Liebe Grüße von Bärbel

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  3. Liebe Elisabeth, wie immer ein wundervoller Text. Mir ist in der Nähe leider noch kein Feld aufgefallen, welches eine Wintersaat zeigt - schade eigentlich.

    lg kathrin

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  4. Wie gut, solch ein Feld zu wissen - für die trüben Stunden...
    Sich hindenken zum Leben, zum Werden, zum Grünen.
    Schön beobachtet.
    LG Heidi

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  5. Wir mögen das auch sehr. Mein Mann hat für die Kleine vor der Ernte Ähren gesammelt und ihr dann erklärt, was mit dem Korn geschieht. Die Ähren war unglaublich schwer.

    Sigrun

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