Freitag, 22. Juli 2011

Die Stechpalme / Holly im Keltischen Baumkreis

Ursprünglich war es wohl die Steineiche, die der Eiche im Keltischen Baumalphabet zwischen dem 8. Juli und dem 4. August folgte. Ihr Name war Tinne, der Buchstabe T. Der Gattungsname der immergrünen Steineiche -  Quercus ilex - dürfte irgendwann zu einer Verwechslung geführt haben.


Ilex aquifolium an einer Steinmauer in Ardgroom, Beara Peninsula, Südirland
          
Eine Menge Widersprüche tun sich auf, wenn es um den Baum dieses Monats geht. Da der Stechpalme (Ilex aquifolium) auf den Britischen Inseln noch heute eine große Bedeutung zukommt und manche Quellen diesen Baum selbstverständlich in die Reihe der druidisch wichtigen Pflanzen einreihen, wollen wir einen Blick auf diese faszinierende Baumart werfen. Mit der Stechpalme oder Stechhülse (keltisch: kolenno) haben wir den ersten und einzigen immergrünen Baum in der Reihe der heiligen Bäume vor uns.

junge Triebe im Mai
Die Kelten kehrten ihre Behausungen mit Besen aus den Zweigen dieses oft strauchartig wachsenden Baumes und wollten sich damit vor Verzauberung und üblen Geistern schützen.

Einleuchtend ist der Platz im Jahreskreis, denn nun geht es mit den lichten Kräften wieder abwärts. Die Tage werden kürzer.
Schön und von der Symbolik folgerichtig, sich an dieser Stelle mit einem immergrünen Baum vor Augen zu halten, dass nach keltischem Verständnis nach dem Tod Wiedergeburt und neues Leben folgte.



 baumartig wachsend am Lough Inchiquin, Beara
Auf den Britischen Inseln hat die Christianisierung im Gegensatz zum restlichen Europa sanft eingesetzt. Oft übernahmen ehemalige Druiden die Priestergeschäfte, der Übergang erfolgte allmählich und so konnte mancher alter Zauber in die neue Zeit hinüber gerettet werden. Noch heute nach all den Jahrhunderten finden wir die Stechpalme mit ihren festen, glänzenden Blättern, wie auch die Mistel im angelsächsischen Raum zu Weihnachten als natürlichen oder stilisierten Schmuck in jedem Haus. Wie sie zur Wintersonnenwende gewechselt hat, bleibt wahrscheinlich für immer in den Tiefen ihrer wenig dokumentierten Geschichte verborgen. 
Ilex gedeiht am besten in gemäßigten Klima mit milden Wintern und feuchten Sommern und wächst schon seit der Steinzeit nachweislich in Gesellschaft von Eichen und Buchen.

Durch ihre Eigenschaften prädestiniert sich die Stechpalme förmlich als Symbol für Unvergänglichkeit.
Ihre ledrigen, glänzenden immergrünen Blätter, an mehreren Spitzen bestachelt, sind wie die roten Beeren stark giftig. Auch abgeschnitten bewahren sie lange ihre Schönheit.
Giftig also für Menschen und viele Tiere, nur nicht für Vögel, denen die mehrfach durch Frost weich gewordenen Früchte als Winterfutter dienen. Für die Druiden sollen die roten Früchte weibliche Lebensenergie symbolisiert haben, während die weißen Mistelbeeren mit dem männlichen Samen verbunden waren.

Das Holz der Stechpalme ist sehr hart und zäh und eignete sich wunderbar für die Herstellung von Werkzeug, Peitschen und Zauberstäben. Bei Fieber, Rheuma und Gicht kam die Droge aus den Früchten als Heilmittel zum Einsatz. Leicht vorstellbar, dass auch mal jemand aufgrund falscher Dosierung ins jenseits befördert wurde.

Wir kennen sie heute als Holly, eine wichtige Bachblüte.


Ardgroom, in der Nähe des Steinkreises

Im Südwesten Irlands treffen wir häufig auf diese schöne Pflanze und kein anderer Baum oder Strauch zeigt sich so unterschiedlich in seiner individuellen Erscheinung. Manchmal dicht belaubt, dann wieder kahl bis an die Grenzen ihrer Krone.
Manchmal trotzt sie Wind und Wetter und hält die Stellung als eine Art Wächterin, wo andere schon längst aufgegeben haben oder es erst gar nicht versuchten.

Lough Inchiquin, Beara
Öffentlich bekannten Persönlichkeiten gleich, treten Stechpalmen manchmal in den Vordergrund als wollten sie ihre Individualität zur Schau stellen. Sie nehmen mehr Raum ein, als ihre sichtbare Gestalt. Als wäre da noch etwas mehr, was dazu gehörte. Sie geben aber auch Raum, indem sie sich auf geheimnisvolle Weise mit der Landschaft rundherum zu einem Ganzen verbinden. Als wären sie Hüterinnen eines mit unseren Augen nicht klar erkennbaren Reiches.
Manchmal mit anderen, manchmal auch ganz alleine. Unverwechselbar hingestellt.


Mein Blick bleibt an ihnen hängen und plötzlich spüre ich die Kraft, die in der Entfaltung individueller Potentiale liegt. Nicht immer geht das leicht, aber immer wird es sich gelohnt haben. Ist es nicht beeindruckend ältere Menschen zu treffen, deren äußere Erscheinung all die Herausforderungen widerspiegelt, die auftauchten und gemeistert wurden? Jahrzehnte gelebten Lebens hinterließen vielfältige Spuren. Schönheit eines reichen und langen Lebens. Bei beiden, Menschen und Bäumen.


Steineiche (Quercus ilex)

Diese Serie zum Keltischen Baumkreis erscheint auch im Irlandblog von Markus Bäuchle: Berichte von der Insel. Fast täglich. Der Journalist und Wanderer schreibt über Irland. Über aktuelle Ereignisse, interessante Hintergründe und Irland als Urlaubsland - und - er bietet auch mehrmals jährlich Wanderwochen an.  Hier könnt ihr mehr über meine Erlebnisse dazu lesen. Selbstverständlich findet ihr alle Info dazu auf Markus´Blog. 

Die Serie zum nachlesen findet sich auch unter LABELS "Keltischer Baumkreis" in der rechten Seitenleiste hier auf kleine freude.


2 Kommentare:

  1. Liebe Elisabeth,

    das ist wieder ein sehr interessanter Post mit wunderschönen Fotos.

    Ich wünsche Dir ein wunderschönes Wochenende.

    Liebe Grüße
    Jutta

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  2. Das ist ja wieder ein ganz wundervoller Beitrag, Elisabeth. Hab wieder viel dazugelernt. Wie spannend.
    Mir kribbelts ja in der Wanderwade, wenn ich immer wieder von deinen Irland-Wandertagen lese.

    -Ich bin seit vorgestern zurück aus dem Osten der Insel-.

    Liebe Grüße Heidi

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