Freitag, 3. Juli 2015

Geburtswehen einer neuen Zeit

Leben in krisenhaften Zeiten

Zeitungsentenzeit. Hochsommer. All die Jahre, 2015 ist alles anders. Große Systeme, die sich in den letzten Jahrzehnten etabliert hatten funktionieren nicht mehr und heraus kommt Angst. Unter dem Strich der emotionalen Gemengelage breitet sie sich mehr und mehr aus, wir Menschen reagieren auf Veränderungen, die sich so groß anfühlen wie diese mit Rückzug, Abgrenzung oder Kampf. Hatten wir noch vorigen Sommer vordergründig in einer Welt gelebt, die ganz ok schien, kommen die Einschläge näher und jede/r von uns setzt sich in der einen oder anderen Weise damit auseinander. Kochrezepte für das politische Menü sind den neuen Zutaten nicht mehr gewachsen. Das Gericht ist bitter, läuft über, verbrennt und stößt dazu noch sauer auf. Selbst wenn man wegzuschauen geneigt ist, der Geruch des Verdorbenen steigt irgendwann in die Nase. Was kann man tun?



Die Herausforderungen für das Haus Europa hängen schwer wie die Steine auf diesem Baum vor einem griechischen Kloster. Warum auch immer sie da sind, wie immer es dazu gekommen ist, wir müssen ein neues Gleichgewicht suchen und finden. Wegräumen, was schwer auf manchen von uns lastet. Leichter gesagt als getan, klar! Es ist einfach, auf Politiker, auf das System, auf die jeweils anderen zu schimpfen, Schuld zuzuweisen, den Kopf in den Sand zu stecken und abzuwarten, ob die Lawine vielleicht doch an uns vorbeirauscht. Das ist möglich, aber eine Resourcenverschwendung. 



Einen kleinen Ausweg, ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen hilft immer, was also kann das sein? Vielleicht der Umstand, dass keine Krise auf Dauer währt und ja, dass die Kräfte in solchen Zeiten gebündelt mobilisiert werden. Wir sehen das an den andauernden Bemühungen, wie immer sie inhaltlich in den Medien auf den verschiedenen Seiten der Medaille auch dargestellt werden. Wichtig ist, dass etwas geschieht und das tut es. Die letzte Phase einer Geburt ist oft turbulent, wir Mütter wissen das. Das Baby war lange Zeit unauffällig, hat kein großes Eigenleben gezeigt und war "brav" in seinem zugewiesenen Bereich, bis es an die echte Arbeit geht, an den Prozess in ein neuen Leben einzutreten.



Was also können wir "normalen Menschen" tun? Ich denke daran zu allererst unsere eigenen Gedanken zur Krise wahrzunehmen und zu sehen, wo IN uns in diesem Zusammenhang die Angst wohnt. Als es 2008 langsam begann sagte meine Mutter damals einmal sie hätte keine Angst. Menschen, die einen Krieg hinter sich gebracht haben, haben uns voraus zu wissen, dass es immer einen (kollektiven) Weg heraus gibt. Schwere Zeiten können unglaublich viel Gutes in Menschen mobilisieren. Kräfte, die sonst irgendwo tief innen ruhen und der Faulheit eines geregelten Lebens nachgeben. Wir lieben unsere "fetten Jahre", wo das Ungeheuer von Loch Ness allen Ernstes Zeitungseiten zu füllen vermag, nicht wahr? 
Wenn aber Krise ist, dann sollten wir unsere konstruktivsten, liebevollsten, kreativsten und mutigsten Energien herausholen und an einer guten Entwicklung arbeiten. Jeder an seinem Platz, dort wo er/sie steht und spürt, dass etwas geht. Manches davon steht in der Zeitung, ganz Vieles, das Meiste aber nie und doch führen all die gemeinsamen Anstrengungen schließlich zum Ziel veränderter Umstände, die ein neues Gleichgewicht bringen. 

Als wir 1956 geflüchtet waren, gab es Menschen in unserem unmittelbaren Umfeld, die uns Angst gemacht, uns beschimpft und uns Steine in den Weg gelegt hatten. Es gab aber viele, die uns geholfen haben, die gespürt haben, dass wir Menschen alle mit denselben Gefühlen und ganz ähnlichen Bedürfnissen ausgestattet sind und dass es Geschehnisse gibt, die uns überrollen können und Hilfe nötig machen. Positive Erfahrungen bergen einen Schatz an neuen Ressourcen, die irgendwann Früchte bringen!

Wir alle machen Fehler, das Fußvolk, die Politiker, Manager und Finanzleute. Man trifft Entscheidungen aus unterschiedlichen Motiven. Klug ist, aus den Fehlern zu lernen. Abgedroschen oder? Wenn wir das "Lästige" wegschieben, dann ja.
Die Krise mit anderen Augen zu sehen, stereotype Zuweisungen zu vermeiden und die eigenen konstruktiven Kräfte zu mobilisieren steht auf dem Programm der nächsten Wochen und sicher auch Monate. Für j*e*d*e*n  einzelnen von uns. 
Die Veränderungen gehen ja zunächst fast unsichtbar vor sich, aber irgendwann ist das neue Baby da, nach gemeinsamen Anstrengungen, die alle dem einen Ziel dienen: Einen guten Start in ein neues Miteinander. Angst ist da kein guter Ratgeber, nicht wahr?!


                                                          alle Fotos Zakynthos 2014

Ich gieße meine Tomatenpflanzen zeitig am Morgen, wo die Hitze noch nicht kracht und freue mich über die Fülle in dieser hochsommerlichen Zeit, die Ernte ist schon abzusehen. Es ist so viel da, woraus Freude entstehen kann, aber auch Vieles, worauf man einfach verzichten kann, weil es eigentlich gar nicht wichtig ist...

Ich liebe das Griechenland, das ich schon mehrfach kennenlernen durfte. Seine Menschen und die Schönheit des Landes. Auch hier im Blog gab es schon viele Bilder. Sommerbilder, Leichtigkeit. Auch das ist da. 

Ich sehe die Probleme der Griechen als einen Teil unseres gemeinsamen europäischen Problems, das wir lösen werden. Wir sind in den letzten Wochen alle viel mehr zusammengerückt. Seht ihr das auch? Es gibt Aufbruch, neue Initiativen, Hoffnung. In vielen Bereichen einer sich gerade bahnbrechenden neuen Zeit.





4 Kommentare:

  1. Sehr gut beschrieben! Ich sehe allerdings momentan nicht, dass wir mehr zusammengerückt sind - zumal ich die wirkliche Natur der Griechen nicht kenne, ich war noch nie dort und kenne nur die Darstellung der Presse. Ich hab allerdings ein unglaublich gutes Gefühl dafür, was richtig und was falsch ist. Und ich sehe, dass dort zwei Zocker am Werk sind. Das sage ich seit Monaten. Kürzlich sah die Münchner Runde und genau diese Worte fielen dort. Also kann ich so falsch nicht liegen. Ich bin ehrlich gespannt, wie sich alles entwickelt.

    Sigrun

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  2. Ach, wie ein warmes Bad sind deine Worte in dieser polarisierten Zeit. "Stereotype Zuweisungen" sind leider das, was viele Leute hervorbringen, anstatt "gemeinsame Probleme" anzugehen. Auf Stammtische wie die Münchner Runde würde ich nichts geben.

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  3. Hm, die Münchner Runde hab ich auch gesehen. Das kam mir vor wie die Bayrischen Stammtisch Gespräche .... ich geb da auch nichts drauf!
    Liebe Elisabeth, Deine Zeilen sind so gut! Alle die etwas zu sagen haben sollten sie lesen, sich damit beschäftigen, keinen Deiner Gedanken überlesen. Wirklich wirken lassen!
    Wir haben liebe Freunde, die 15 Jahre in Deutschland waren, dann 5 Jahre zurück in Griechenland. Nun sind sie seit fast 2 Jahren wieder hier. Durch die Freunde haben wir sehr viele Griechen kennengelernt. Ich stelle immer wieder fest, wie sehr wir verbunden sind. Wie sehr "das Volk" in Griechenland uns mögen.
    Es ist böse, was da oft in den Zeitungen steht ...
    Dein Post tut gut!
    liebe Grüsse aus Bayern, das momentan griechische Temperaturen hat ... Tag für Tag!
    Elisabeth

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  4. Liebe Elisabeth,
    ja, es ist viel da, worüber man sich freuen kann, wir haben uns unsere "kleine Freude" jetzt ja gerade in Laxenburg geholt :o) Und heute früh stand ich glücklich (und ganz ohne Kamera ;o)) vor einer meine Kapuzinerkresseblüten, in der sich eine kleine Biene tummelte... Da hab ich mir übrigens auch vorgenommen, dich zu fragen, wie es dienen "Enkelbienen" geht, aber das hab ich dann leider vergessen...
    Lass dich lieb drücken von der Traude

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