Dienstag, 5. Juni 2018

Minha querida Madeira / 3

Wandern entlang der Levadas - das klang im Vorfeld verlockend. Entlang von Bewässerungskanälen sollte es prinzipiell ohne Steigungen bequem zu gehen sein. Ich war sehr neugierig darauf, da wir ohne großartige Kondition in der ersten Februarwoche wandern und dabei die Landschaft genießen wollten erschien uns diese Art von Wanderweg geradezu perfekt.


Ob man nun zu Fuß oder mit dem Auto unterwegs ist, der Blick fällt auf der Südseite der Insel fast durchgehend auf eine intensiv genutzte Kulturlandschaft. An den meist sehr steilen Hängen wird jedem geeigneten Meter Erde ein Stück Feldland abgerungen. Die Terrassen sind oft so steil, dass gerade mal eine Reihe Süßkartoffeln auf einem schmalen ebenen Stück wächst. Diese "poios" sind durch Steinmauern begrenzt, die die Erde vor dem abrutschen bewahren.



Die Autobahn führt über weite Strecken über hohe Brücken und durch lange Tunnels. Fährt man in sie hinein, kann es passieren, dass man oberhalb der Tunnelöffnung auf einen kleinen Garten und ein Häuschen sieht und dass  Bananenstauden über die schroffen Felsen hängen.


Wir staunten oft, wie weit es von einem möglichen Autoabstellplatz zu Fuß zum Haus geht, anders kann man die schmalen Pfade nicht bewältigen. Auf Fotos kommen Steigungen oft nicht so gut zur Geltung. Im Bild unten kann man es erahnen, die Stützmauer unten ist zumindest 4m hoch.


An den Südhängen westlich von Funchal wandert man also durch die Streusiedlungen, die sich an den Hängen hinauf und hinunter ausbreiten. Erst in den Schluchten, die zahlreich Wasser Richtung Meer führen ist es etwas waldähnlicher und wilder. Mich fasziniert zu sehen, wie viele Menschen hier noch mit kleinteiliger Landwirtschaft beschäftigt sind. Es wirkt so, als würde jede Familie ihren Bedarf an Obst und Gemüse auf den steilen Grundstücken selbst anbauen.




So etwa wandert man also an den Bewässerungskanälen (hier die Levada Nova) entlang, wobei sehr häufig Richtung Berg der tiefliegende Wasserlauf entlangführt und Richtung Tal kein Schritt daneben möglich ist.


Ein paar Betonplatten oder Bretter über dem Kanal bringen ein bisschen Komfort vor oder hinter dem Haus. So viele steile Treppchen und Treppen wie hier habe ich noch nirgendwo gesehen. Ich frage mich, wie alte Leute es schaffen hier zu wohnen. Andererseits hat man wohl sein ganzes Leben trainiert...



Links ein paar zusammengeschusterte Hühnerställe. Die Stufen in der Steinmauer rechts müssen genügen, um vom Gartenteil A nach B zu kommen. Auf dem Foto unten: So kann man auch den Wasserzufluss regulieren, das scheint gut zu klappen.






Auf den nächsten Bildern seht ihr, wie unterschiedlich es an den Levadas aussieht. Mal freie Sicht aufs Meer oder in die Landschaft, dann eng entlang von Zuckerrohrfeldern oder an schroffen steilen Felsen entlang und durch Tunnels, in denen es tropft und man nur gebückt durchkommt.







Auf dem Foto unten zieht gerade ein feiner Regen herüber. Die Insel ist nicht umsonst so grün! Passatwinde treiben feuchte Atlantikluft an die hohen Berge im Norden, zu Wolken und Nebel kondensiert zieht die feuchte Luft durch die Schluchten auch in den Süden der Insel, alles gut mit Feuchtigkeit versorgend. Dazu die fruchtbare Vulkanerde - das sind die Zutaten für all dies üppige Wachstum.


Dabei sind die Levadas heutzutage recht komfortabel zu begehen, sind doch die Steinmauern mit ebenen Betonplatten abgedeckt (während wir gehen denken wir daran, wie mühsam es gewesen sein muss die Platten hierher zu bringen). Viele Häuser sind groß und schön gestrichen, die Aussicht aus den Wohnräumen muss großartig sein. Wenn ich dann auf die Grundstücke rundum schaue, bewundere ich die Menschen, die hier wohnen und arbeiten. Hier hüpft man nicht so schnell mal ins Auto, um einen Einkauf zu tätigen oder am Abend ins Kino zu fahren.




Bananen, Avocados, Papayas, Mangos und andere Früchte, die ich nicht kenne wachsen in diesen Gärten. Und noch einmal, auch wenn es langsam langweilig werden sollte: Aus dem tiefen mitteleuropäischen Winter in diese subtropische Pracht kommend staunt man nurmehr. Auf dem Markt in Funchal kann man all das kaufen, wir haben einige für uns neue Früchte probiert. Was für eine Fülle an Leckereien! Bananen selbstredend in vielen verschiedenen Sorten.

Inzwischen bemüht sich Madeira von seinem Ruf als Hochpreisdestination wegzukommen. Im Februar waren die Winterflüchtlinge aus Europa unübersehbar. Auf den Levadas ist es dagegen ruhig. Ab und zu begegnet man schon Wanderern, da heißt es dann sich gegen die Felswand zu lehnen oder mal mit einem Bein über den Kanal zu steigen. Da sind wir auch schon beim einzigen Hindernis, das das begehen der Levadas schwierig machen kann: Schwindelfreiheit sollte man mitbringen! Obwohl man eben geht, ist Konzentration erforderlich, das bringt dann aber intensives Erleben. Man ist voll und ganz bei der Sache, länger Probleme zu wälzen geht nicht, die Füße müssen an die Hand genommen werden ;-)  Viele Fotos sind mit dem Handy aufgenommen, die Arme brauchte ich zum balancieren ;-) (Scherz, so schlimm ist es dann doch nicht, aber bequemer ohne schwere Kamera in der Hand).

Wer lieber geführt wandert, kann auf viele Angebote zurückgreifen, einfach im Hotel fragen. Rundwege sind eher selten. Muss man zum Auto zurück, heißt es irgendwann umdrehen (schließlich muss die andere Seite auch bewundert werden ;-)  ). Busse fahren überall hin, öffentlich zu fahren ist eine gute Option, allerdings muss man außerhalb der Levadas mit ordentlichen Steigungen rechnen.


Eine Folge über die Orchideengärten ist noch angedacht. Mal sehen, wie ich Lust habe. Im Moment haben wir die grüne Pracht ja auch bei uns, die will ich keinen Tag versäumen.

Die früheren Beiträge zur Serie: Über diesen Link




10 Kommentare:

  1. Ein toller Bericht über Madeira, liebe Elisabeth!
    Hab noch einen zauberhaften Tag!
    ♥ Allerliebste Grüße , Claudia ♥
    P.S. Du solltest Deinen Blog noch auf HTTPS umstellen, sichere Verbindung! In den Einstellungen, Grundlegende Einstellungen, kannst Du das machen! Hängt mit der neuen Datenschutzverordnung zusammen ...

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    1. Danke Claudia! Mein Blog erscheint bei mir mit dem Sicherheitszeichen, ich hoffe doch auch dann, wenn du die Seite aufrufst!

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    2. Bei mir erscheint dein blog auch mit dem Sicherheitszeichen....

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  2. Ja, die Schwindelfreiheit ist mir dann mitten in einer solchen Wanderung abhanden gekommen ( nachdem mir bei einer zuvor Wanderung zum Pico Ruivo überm Nebel selbiger eine Scheinsicherheit gegeben hat ). Schöne Fotos hast du uns mitgebracht!
    LG
    Astrid

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  3. Stimmt, liebe Elisabeth, wieder ein ganz toller und ausführlicher Reisebericht. Die Häuser sehen wie Spielzeughäuschen aus, vieles klingt abenteuerlich, die verschiedenen Grüntöne faszinieren mich und die Früchte haben bestimmt alle toll geschmeckt! Das erinnert mich an meinen Bali-Urlaub, als ich pflückfrische Bananen gegessen habe. Sooo gut! Vielen Dank für diesen schönen, beeindruckenden Bericht.

    Liebe Grüße aus dem heißen Franken ins wahrscheinlich genauso hochsommerliche Wien :)

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    1. Stimmt Hanne, Bananen esse ich zuhause nie, weil sie mir hier nicht schmecken, dort waren sie so geschmackvoll, weil reif!

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  4. Hallo Elisabeth,
    einen Rundweg hatten wir gefunden: Von Monte an der Levada vorbei zum botanischen Garten und mit der Seilbahn wieder nach oben fahren. Einmal konnte man auch mit dem Bus zurückfahren. Man muss nur manchmal schwindelfrei an den Levadas sein, das fand ich auch.
    VG
    Elke

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  5. Eine faszinierende Landschaft, liebe Elisabeth, und ja, ich kann mir gut vorstellen, dass man entlang dieser Bergfelder ins Nachdenken kommt über die Menschen, die hier leben, die das alles angelegt haben und die, wenn sie älter werden, mit den Beschwerlichkeiten der Hänge und der Entfernungen immer noch fertig werden müssen. Andererseits wiegt die Fruchtbarkeit hier wohl die Notwendigkeit von mehrmals wöchentlichen Einkäufen auf. Und wie ich gerade selber wieder hautnah erlebe, ist anbauen und ernten so glücklich- und stolzmachend. Selbst wenn leider nicht immer alles wirklich erntbar wird, was man angebaut hat. Wir verwenden hier nämlich auch kein Schneckenkorn o.ä., und dadurch habe ich auch heuer einige meiner Salat- und anderen Pflanzen verloren... Ich habe zwar vor Jahren mal (in meiner Verzweiflung, weil mir die Nacktschnecken so viele Lupinen und andere schöne Pflanzen totgefressen haben) eines gekauft, es aber dann nicht verwendet, weil auch die Gehäuseschnecken draufgehen, die den Pflanzen angeblich nichts oder nicht viel tun. Und die wiederum sollen ja Nacktschneckeneier fressen. Irgendwann hab ich sogar mal Weinbergschnecken von Gehsteigen in Wien eingesammelt (wo sie sonst nur zertreten wurden) und in meinen Garten gesetzt - da geht Schneckenkorn natürlich gar nicht mehr... Angesichts der schönen Kohl- und Salatpflanzen auf deinen Fotos frage ich mich, ob es auf Madeira keine Schnecken gibt...
    Herzliche Rostrosengrüße und schönes Wochenende!
    Traude
    https://rostrose.blogspot.com/2018/06/anl-30-uber-essbare-landschaften-und.html

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    1. Insgesamt eine dunkelgraue Nacktschnecke hab ich gesehen ;-)

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