27. Februar, Montag
Tahiti, Französisch Polynesien
Es ist 6 Uhr früh, wir haben soeben auf der Nachbarinsel Tahiti in Papeete angelegt. Hier werden wir bis übermorgen bleiben.
Heute Vormittag wollen wir bei einer Jeeptour die Insel kennenlernen.
Da geht´s dann über ausgewaschene Schotterstraßen. Heftige Regenfälle haben kürzlich Hangrutsche verursacht, die Straße ist schon freigeräumt, passiert hier während der Regenzeit öfter.
Wir fahren durch ein Flussbett
Unser Guide und Fahrer Hervi war die ganze Zeit barfuß, er trägt nie Schuhe, selbst beim Autofahren nicht. Er war für mich fast interessanter als alles was er uns zeigte. Sehr offen erzählte er uns über seine Lebenseinstellung, die sehr naturverbunden ist.
Er zeigte und erklärte uns ein wenig die polynesische Kultur und Religion. Hier stehen wir vor einem Jahrhunderte alten Tempel, der noch immer liebevoll betreut und besucht wird. Und nein, dieser Tempel ist nicht verfallen, er war nie anders.
Ein heiliger Platz
Chataignier de Tahiti, Tahitische Kastanie (Inocarpus fagifer)
Hervi klopft mit einem Stein auf den Stamm, ein überraschend lauter Klang mit Echo entsteht. Früher hat man sich so über weitere Strecken verständigt.
Überall zu sehen: Der Mahoe Baum, Lindenblätriger Hibiskus. Die Blüten sind am morgen gelb, zu Mittag orange und am Abend rot im Verblühen
Papaya in einem Garten
So sieht es am Wegesrand aus, diese pfeilspitzenförmigen Blätter sind mindestens 50cm lang.
Brotfrucht, die Samen im Inneren dieser großen Frucht werden zu Mehl verarbeitet oder als Gemüse verwendet.
In der Kirche Notre Dame hält das Jesuskind eine Brotfrucht in der Hand und...
...im Kirchenfenster ist der Baum abgebildet
Tahiti ist voller blühender und grün wuchernder Wunder. Ein Plätzchen mitten in der Stadt Papeete.
Blütenstand eines Baumes
R: Unfassbar schön alles!
In Tahiti noch viel mehr als sonst bisher kollidieren die Bilder im Kopf mit der Realität. Die Insel ist ein aus dem Meer ragender Vulkankrater mit ein paar Tälern die ins Inselinnere führen. Eine Straße rundum, auf einer Seite ein Riff. Die höchste Erhebung etwas mehr als 2000m.
Alles ist ein ausgebüxtes Palmenhaus, wo die großblättrigen Pflanzen kein anderes Ziel haben als zu wuchern und in vielen Schichten die Insel grün einzudecken.
Die Stadt mit Verkehrsstaus ohne Ende, quirligem Leben, viel Lärm.
Die Postkartenmotive sind auch da, sie sind wohl sorgfältig gepflegt und zeigen natürlich nur einen kleinen Teil der Realität.
*****
Noch ein paar Bilder von unserer Jeeptour
Hervi hat seine langen Haare mit Gras zusammengebunden und als wir bei dieser Pflanze mit den großen roten Blüten vorbeigehen, rupft er einen Blütenstand ab, dreht ihn um, melkt ihn und verteilt den Pflanzensaft auf seinen Haaren. "Das benützten die Leute früher als Shampoo" sagt er "wenn dir die Haare ausfallen, nimm das, du wirst wunderschöne Haare bekommen".
Sie nennen es Opuhi, der Tahitische rote Ingwer, mit leuchtendroten Blütenständen.
Hervi kann gut erzählen, also frage ich ihn ein wenig aus. Er sagt, dass er jeden Tag Gott dankt hier leben zu dürfen. Kann man schon nachvollziehen :-)
Heiß, schwül, es türmen sich Wolken, dann regnet es ein wenig, wir sitzen unter dem Jeepdach, der Fahrtwind tut sehr gut...
Wir sind für zwei Nächte im Hafen von Papeete angelegt. Das gibt uns die Möglichkeit auch noch am Abend in der Stadt unterwegs zu sein. Das ist schön, denn da ist es nicht mehr so heiß, allerdings recht bald dunkel...
In einer großen Parkanlange direkt am Hafen sind nun Läufer und andere Sportbegeisterte unterwegs. Eltern spazieren mit ihren Kindern und haben Spaß, im Hafenbecken trainieren die Ruderer.
Eine Inselhauptstadt mitten in der Südsee. Hättet ihr euch das so vorgestellt?
Viel später hören von unserem Balkon immer wieder Hallorufe. Kleine Ausflugsboote fahren rund um unser Schiff, zum Kreuzfahrtschiff-sightseeing. Ein Gewinke und Gerufe zu uns herauf, wir winken hinunter. So sind wir uns gegenseitig eine Attraktion, ist das nicht nett?!
In
dieser Serie könnt ihr unsere Weltreise mit einem Kreuzfahrtschiff um
die Südhalbkugel Tag für Tag nachverfolgen. Im ersten Teil jeweils die
überarbeitete Fassung einer WhatsApp Gruppe, im zweiten Teil Ergänzungen
und weitere Fotos. Ich freute mich immer über Feedback aus der Gruppe,
es ergaben sich Impulse und weitere Informationen durch den Austausch,
weswegen auch manches davon hier (anonym) mit aufgenommen wurde. Alle Fotos im ersten Teil sind daher Handyfotos.
Diese Serie ist nicht dazu angetan Reiseführer zu ersetzen. Viel eher
persönliche Schlaglichter auf Orte, Menschen, Pflanzen und Tiere, die
uns für sich eingenommen haben zu zeigen und ein klein wenig nachvollziehbar und lebendig
werden zu lassen, was wir auf dieser Reise erlebt haben.
Die Südsee kommt bei diesem Wetter genau richtig. Draußen ist es ja sowas von kalt. Vielen Dank für's Mitnehmen.
AntwortenLöschenLG Kathrin
Die Realität kollidiert allzu oft mit den Postkarten! Das normale Leben tobt inzwischen überall, zwischen McDonalds und chinesischen Läden, die Plastikjunk verkaufen. Habe ich in Portugal gerade wieder festgestellt. Reisen ist trotzdem gut für die Seele.
AntwortenLöschenLiebe Elisabeth,
AntwortenLöscheninteressanterweise habe ich nie Südseeträume geträumt, also jedenfalls nicht "Strand, Palmen, Sonne satt" - es gab in mir nur früh schon diesen "weltweiten" Traum von einem ursprünglichen Leben, einem Naturvölker-Leben. "Für die Polynesier sieht das Meer und hört die Erde" - ein Satz aus deinem nächsten Post... - Wie schmerzhaft muss es für die Polynesier manchmal sein, zu erleben, WAS die Erde hört oder das Meer sieht... Deine Bemerkung "aber für all diese Eindrücke, die auf vorgefertigte Bilder im Kopf treffen brauche ich Zeit und eine positive Einstellung, um das zu verdauen und um nicht allzu enttäuscht zu sein" klingt für mich keineswegs komisch.
"Euer" Hervi scheint es zumindest weitgehend zu schaffen, sich in der viel zu selten naturfreundlichen Realität eine Nische zu schaffen, in der er naturverbunden bleiben kann. Die Landschaft hat offensichtlich einiges mit Thailand gemeinsam, das Klima wohl auch, und leider ist hier wie dort schon viel zu viel Tourismus und "zivilisiertes" (sprich denaturiertes) Menschengewusel zu finden. Und die Folgen davon. Heute Früh bin ich irgendwie auf die Frage gekommen, wo wohl der einsamste Ort auf der Erde ist - oder genauer gesagt der einsamste LEBENSFREUNDLICHE Ort auf der Erde, denn es wird wohl noch ein paar einsame Flecken z.B. in der Antarktis oder in der Nähe vom leblos gewordenen Aralsee geben. Oder? Wer weiß! Selbst am Mount Everest bzw. in den Basislagern drängeln sich mittlerweile die abenteuerlustigen, sich selbst überschätzenden oder ihre Grenzen testen wollenden Berg-Amateure. Wo ist es schön und ohne Schlangen, Skorpione, Raubtiere... - und trotzdem kein Mensch weit und breit, schon gar kein Tourismus, keine Maschinen, kein angeschwemmter, hingewehter Müll, kein unnatürlicher Lärm, der von irgendwoher an diesen Ort getragen wird, ohne unsichtbare, unspürbare Überreste von Atomversuchen oder Umweltgiften? An diesem Ort wäre ich gern - zumindest für einen Tag...
Brotfrucht: Als wir vor rein paar Jahren auf Jamaica waren, habe ich einen Hotelgärtner beim Brotfruchternten fotografiert und er fragte mich, ob ich sie gerne kosten möchte. (Ich glaube, so wie ihr kommen auch wir in unseren Reiseländern gut in Kontakt mit den "echten" Menschen vor Ort). Ich habe zwei Varianten bekommen - gebraten und gekocht mit Butter und Salz - und ich fand, dass beides Ähnlichkeiten mit Kartoffeln hat - ein bisserl zarter und gemüsiger vielleicht; ich würde gern mal wieder Brotfrucht essen. (Habe in einem späteren Beitrag gelesen, dass sie dich nicht so überzeugt hat - vielleicht war sie anders zubereitewt oder schmeckt auf Jamica anders...)
Bei den religiösen Bildern mit Brotfrucht und -Baum kommen mir so Gedanken wie: "Und manche Menschen glauben wirklich Wort für Wort und Bild für Bild, dass alles GENAU SO gewesen ist..."
Herzliche Rostrosengrüße,
Traude
http://rostrose.blogspot.co.at/2018/03/blaugrunes-wunder-oder-asiatisches.html