2. April, Sonntag
Mumbai, Indien
Gerade eben fahren wir in den Hafen von Mumbai ein. Guten Morgen und bis später!
Wir machen eine Bustour zum Thema Mumbai in Vergangenheit und Gegenwart.
Junger Männer beim Kricketspiel auf dem Maidan.
Stopp bei der alten Wäscherei, hier wird Wäsche noch immer händisch in großen Wannen gewaschen.
Mehr als anderswo beschäftigt mich hier die Frage nach dem ethischen Verhalten von uns Besuchern gegenüber den Menschen des besuchten Landes. Es ist immer interessant Menschen abzubilden, das Leben einzufangen, in Momenten festzuhalten. Es passiert immer wieder, dass man sich keine Bewilligung einholen kann und man muss schnell entscheiden, ob es noch respektvoll und vertretbar ist, was man tut. In der Reisegruppe wirds oft besonders schlimm. Manchmal wirkte die Szene auf mich so, als wären wir Reisende im Zoo namens Indien...
Wenn 15 Leute stehen und ein paar der ganz Armen fotografieren und filmen, schäme ich mich für uns alle, dafür, wie abgehoben, gefühllos und gedankenlos wir anderen Menschen begegnen. Dabei sind oft gerade die Inder und Inderinnen unglaublich lieb und offen, lachen und freuen sich, wenn man sie anlächelt oder überhaupt Kontakt aufnimmt. Ganz anders, als wir es beispielsweise in Südamerika erlebt haben.
Straßenverkäuferin bietet Blätter an, man verwendet diese als Teller. Viele Menschen in Mumbai haben nur einen Schlafplatz und müssen ihre Mahlzeiten auf der Straße einnehmen.
Im Crawford Market, im Bildvordergrund herrliche Papayas
Wenns geht, hält man sich unter Bäumen auf, hier ein mächtiger Ficus beim Bahnhof.
Am Gateway of India verließen die letzten englischen Soldaten vor knapp 70 Jahren das Land, ein symbolträchtiger Ort.
Seither ist viel passiert. Seit Anschlägen im Jahr 2008 hat sich viel verändert, erzählen uns mehrere Reiseleiter. Überall Polizei, ich habe sogar Wachen bei Türen einer Großbaustelle gesehen. Alles wird bewacht und damit ganz offensichtlich dem aufgeblähten Beamtenapparat eine Daseinsberechtigung verschafft. Beamten sind die einzige Bevölkerungsgruppe mit einer staatlichen Pension.
Am Ende des ersten Tages bin ich erstmal so angepi..t, dass wir den Abend auf unserem Schiff bleiben, obwohl wir noch einen Kinobesuch gepant hatten, schließlich befindet sich die Bollywood-Hochburg hier in Mumbai. Nach xxxx -Visachecks, ausgedehnten Begutachtungen dieser Zettel, scannen der Taschen und uns, doublecheck (nochmal in ein Kapäuschen magnetisch abtasten), habe ich so genug von diesem Land, das behördlicherseits eine extrem unfreundliche Willkommenskultur pflegt. Wäre da nicht der Kontakt zu den "normalen" Menschen, würden wir ein sehr negatives Bild von Indien mitnehmen.
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In Mumbai leben hunderttausende Menschen ohne Dach über dem Kopf, mit nur einem Schlafplatz und/oder in Slumsiedlungen, sodass die Wäsche außerhalb des Hauses erledigt werden muss. In der alten Wäscherei können Kleidungstücke zum waschen abgegeben werden. Ich denke heute noch nach, wie man hier ein bestimmtes Kleidungsstück wiederfindet, eigentlich unvollstellbar...
Auf einer Seite grenzt das große Areal an die Bahngeleise, die Luft ist sichtlich schmutzig und die feinen Dreckpartikel breiten sich gleichmäßig über die zum trocknen ausgelegte Wäsche...
Natürlich zeigt uns die Reiseleiterin die schönen altenglischen Gebäude, Kathedralen und den Obersten Gerichtshof, alte Luxushotels und den Gate Of India. Ist ja auch alles sehr schön anzusehen. Als wir bei slumähnlichen Siedlungen mitten im Zentrum vorbeifahren gibt es keine Information, wie auch allgemein dieses Thema komplett totgeschwiegen wird. Fragen sind nicht erwünscht oder werden ausweichend beantwortet.
Beim ein- und aussteigen aus dem Bus werden wir Zeugen einer kleinen Episode, die uns die Macht des Kastenwesens erlebbar macht. Hinter der Fahrerkabine befindet sich eine weitere Klapptüre zum Fahrgastraum. Der Buschauffeur hat einen Gehilfen, der bei offener Bustür immer mal wieder rausflitzt und wild mit den Armen fuchtelnd dafür sorgt, dass wir im dichten Verkehr halbwegs weiterkommen. Die Reiseleiterin hat auch einen Gehilfen. Nach einem Stopp will sie zurück auf ihren Platz, sie steigt ein, doch dann bemerkt sie, dass die Innentür nicht geöffnet ist. Sie steigt wieder aus und herrscht ihren jungen Helfer an, worauf der in den Bus wieselt und die Türe öffnet. Jetzt erst besteigt sie den Bus und nimmt ihren Platz ein. Sie hat also ihren Türöffner dabei, der auch jedesmal durchzählen muss, ob alle da sind.
Feinste Steinmetzarbeiten auf weißem Marmor in der St. Thomas Kirche
Morgen früh planen wir einen Ausflug ins frühmorgendliche Mumbai, ich bin sehr gespannt darauf!
In
dieser Serie könnt ihr unsere Weltreise mit einem Kreuzfahrtschiff um
die Südhalbkugel Tag für Tag nachverfolgen. Im ersten Teil jeweils die
überarbeitete Fassung einer WhatsApp Gruppe, im zweiten Teil Ergänzungen
und weitere Fotos. Ich freute mich immer über Feedback aus der Gruppe,
es ergaben sich Impulse und weitere Informationen durch den Austausch,
weswegen auch manches davon hier (anonym) mit aufgenommen wurde. Alle Fotos im ersten Teil sind daher Handyfotos.
Diese Serie ist nicht dazu angetan Reiseführer zu ersetzen. Viel eher
persönliche Schlaglichter auf Orte, Menschen, Pflanzen und Tiere, die
uns für sich eingenommen haben zu zeigen und ein klein wenig nachvollziehbar und lebendig
werden zu lassen, was wir auf dieser Reise erlebt haben.
Liebe Elisabeth,
AntwortenLöschenwieder sehr interessant zu lesen und sehr schöne Fotos!
Schönen Ostermontag,
Eva
mich entsetzt es und doch fasziniert es so zu erleben mit deinen Fotos und Erzählungen von diesem Land.
AntwortenLöschenLieben Gruss Elke