Mittwoch, 21. November 2012

~Die mit den Flügeln~ /1

Eine vorweihnachtliche Spurensuche im Jahr 2012


Wer sind sie? Wo sind sie? Was machen sie?

Sie schweben, sitzen, stehen in großer Zahl in allen (katholischen) Kirchen Europas, besonders zahlreich bevölkern sie barocke Kirchen. Nicht selten golden glänzend aus Holz, in Stein gemeißelt für die Ewigkeit oder von hunderte Jahre alten Fresken blicken sie - selbst meist groß - auf uns kleine Menschen herab. Kommt man in Kirchenräume, führt kein Weg an ihnen vorbei.


         viele hundert Jahre altes Fresko in der Kirche des Convento de Santa Clara in Assisi, Italien

Gut, das ist alles Geschichte könnte man sagen. 
Als ich für diese Miniserie mein Archiv durchforstete fand ich ad hoc (leider kam ich bisher nicht auf die Idee ein Album zum Thema anzulegen) verschiedenste Darstellungen von Engeln im öffentlichen Raum. Europäische Städte sind voll davon. Engel auf Sockeln, Gebäuden, Friedhöfen. Wollte man die spirituelle Ausrichtung dieses Kontinents der letzten - sagen wir - ungefähr tausend Jahre festmachen, kommt nichts, rein gar nichts in der dargestellten Präsenz diesen *Wesen* nahe.




Beide Bilder sind um die Sommersonnenwende in Dresden aufgenommen und zeigen die Kunstakademie an der Brühlschen Terrasse. Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne bringen das Gold der riesigen Statuen wunderbar zum glänzen.
Nicht immer sind die Figuren im Engelsgewand als solche gemeint, oft sollten Gottheiten, wie oben auf dem Bild Fama oder allegorische Figuren dargestellt werden. Dem unkundigen Betrachter fallen aber die Flügel ins Auge und die Assoziation zu Engeln ist somit da.



Hier auf dem Dachsims der Postsparkasse, einem der hervorragenden Bauten Otto Wagners an der Wiener Ringstraße stehen zwei Engel im Jugendstil, das Gebäude ist gerade etwas mehr als hundert Jahre alt und kein Sakralbau.



Bei den regelmäßigen Messbesuchen in meiner Kindheit faszinierte mich erstens die Orgelmusik und zweitens all die Engel, die ich Zeit hatte zu betrachten, die Messe wurde damals noch in lateinischer Sprache gehalten. Der Pfarrer, der auch unser Religionslehrer in der Grundschule war, wurde nicht müde zu betonen, dass wir uns auf Gott und Jesus konzentrieren müssten, alles andere(!) sei diesen beiden untergeordnet. All die Engel in Kirchen und im öffentlichen Raum als Hinweisgeber für das Göttliche?

Diese Argumentation ist nachvollziehbar und doch greift sie zu kurz. 

Es scheint einem tiefverwurzeltes Bedürfnis zu entsprechen Engel anzuschauen und das nicht nur in bildnerischer Darstellung sondern sehr häufig auch dreidimensional, sonst würde dieses Motiv nicht so oft umgesetzt. Nicht nur im Innenbereich mag man sich mit ihnen umgeben, sondern eben sehr stark im öffentlichen Raum. Und auch nicht nur in der Vergangenheit, wie hier in der Folge noch zu sehen sein wird ...
     

7 Kommentare:

  1. Was für ein schönes Posting.
    Unsere evangelische Kirche im Dorf zieren auch einige Engel am blauen Himmelsgewölbe.
    In Berlin gibts eine "Engeltour", hab mal ein poster gesehen, auf dem alle Engel dieser Tour abgebildet waren.
    Ich hab grad einen Engel von meiner Nichte geschenkt bekommen, die in ihrer Praxis mit Engeln arbeitet.
    Aber zu mir selbst haben die Engel noch nicht den rechten Zugang gefunden. Da warte ich noch... -oder ich nicht zu ihnen?-
    LG Heidi

    AntwortenLöschen
  2. Liebe Elisabeth,
    ja das finde ich auch: ein schönes Posting. Ich kenne die Engel noch als Schutzengel auf bonbonfarbenen Kinderdarstellungen - diese Bildchen haben mich als Kind fasziniert. Mehrmals hatte ich den Eindruck, ein Engel hätte seine Hand über mich in verschiedenen Situationen gehalten. Der neuen "Engelmode" stehe ich noch etwas skeptisch gegenüber. Erstaunlich fand ich, dass es Engeldarstellungen schon vor dem Christentum gab. Auf jeden Fall ist die Vorstellung, dass ein hehres Wesen seine Hände über uns hält, sehr verlockend. Ist eigentlich erstaunlich, dass wir uns eines Mittlers bedienen möchten zwischen uns und Gott. Wo doch unser "lieber Gott" für jeden direkt ansprechbar ist.

    Engel finden sich überall im Alltag, nicht nur als Skulptur. So mancher Mensch wird ohne große Anstrengung selbst zum Engel, zum Beispiel durch ein Lächeln am richtigen Platz und zur richtigen Zeit. Es gibt viele einsame Menschen, besonderes ältere, denen so ein Lächeln wie ein Lichtstrahl aus dem Himmel vorkommt.
    Herzliche Grüße,
    Johanna

    AntwortenLöschen
  3. Sehr interessant, mich faszinierten immer die Madonnenbilder! Und du wirst es nicht glauben, eben habe ich sechs Engelsflügel fürs Basteln geschnitten.

    Sigrun

    AntwortenLöschen
  4. liebe elisabeth,
    ja, engel sind auf ihre weise faszinierend! und da sie "allgegenwärtig" sind,
    gibt es kaum einen (menschen), der sie nicht "für sich in anspruch" (schutzengel) nimmt.
    einen ganz wunderbaren post hast du wieder geschrieben! vielen dank.
    herzliche grüße
    margit

    AntwortenLöschen
  5. Liebe Elisabeth,
    da erkenne ich ja einiges wieder vom letzten Dresdenbesuch.
    Wusstest du, dass die gläserne Kuppel mit dem Goldengel drauf Zitronenpresse genannt wird? ;-)
    VG
    Elke

    AntwortenLöschen
  6. Deine Engel-Sammlung gefällt mir sehr. Besonders das erste Foto hat es mir sehr angetan. Da ich in Dresden geboren und aufgewachsen bin, kenne ich natürlich den goldenen Engel auf der "Zitronenpresse". Ich habe ihn auch schon abgelichtet.
    Viele Grüße Synnöve

    AntwortenLöschen

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...