4. November 1956, Panzer der russischen Besatzungsmacht rollen Richtung Budapest, um die unmissverständlichen Rufe der Studenten nach Freiheit niederzuschlagen. Österreich ist bereits seit einem Jahr frei, ein demokratisch regiertes Land. Im benachbarten Ungarn ist alles anders.
Plötzlich überall Soldaten, auch in Sopron der Grenzstadt, wo ich geboren bin und wir bei den Großeltern leben. Die Verunsicherung und Angst ist groß, niemand weiß, was als nächstes geschehen wird. Wir fahren mit dem Laster über die Grenze, wie Zehntausende andere in diesen Tagen auch. Eine Entscheidung von großer Tragweite. Bald danach sind die Grenzen dicht. Wir sind in Österreich.
Sequoiadendron giganteum im Erzsébet Kert in Sopron, Ungarn
Jahre später, als nach einer Amnestie die ehemaligen Flüchtlinge ohne die Gefahr einer Bestrafung wieder nach Ungarn einreisen dürfen, können wir unsere Großeltern besuchen und wir gehen durch die Straßen der Stadt. Woran ich mich - inzwischen Grundschülerin - erinnern kann, dass mir mein Großvater mit einem verschmitzten Lächeln erzählt, dass dieser ganz besondere Baum in einem Park steht, der denselben Namen trägt wie ich: *Erzsébet* Garten. Vielleicht auch nur aus diesem Grund habe ich den Mammutbaum dort nicht vergessen. Inzwischen trägt er vielleicht 2 mal 56 Jahre in seinen Jahresringen und ist eine stattliche Erscheinung. Diese Baumart stammt aus Nordamerika, manche Exemplare können im Alter an 56 mal 56 Jahre herankommen, wenn sie günstige Bedingungen vorfinden. Mit so etwas wie Elefantenfüßen steht dieser Gigant da.
Viel ist rund um ihn herum an großen Veränderungen passiert.
Ganz in der Nähe wurde der Eiserne Vorhang geöffnet, stillschweigend. Bald danach fiel die Berliner Mauer. Wenn wir jetzt über die Grenze in meine Geburtstadt fahren, gibt es keine Balken mehr, wir können ungehindert passieren.
Unser Ausflug findet hier seinen kraftvollen Anker. Wir drei, meine Eltern und ich staunen über die wundersamen Wege, die sich im Leben ergeben, über schicksalshafte Wendungen, wo sich eins ins andere fügt, als wäre alles Teil eines großen Planes.
Vor etwa 15 Jahren brachte ich einen, in einer Plastikfiole verpackten Mammutbaumkeimling aus dem Shop des Muir Woods Nationalparks nördlich von San Francisco in meinem Rucksack mit nach Hause. Einige Jahre war nicht klar, ob er es schaffen würde, nach dreimaligem Umsetzen hat er sich heimisch gemacht, wächst bei uns im Garten und umspannt für mich symbolisch Kreise meines Lebens.
Dieser hier ist *mein erster* Mammutbaum, sowie es einen ersten Schultag, eine erste Liebe und einen ersten Kuss im Leben gibt. Ich spüre seine tief verwurzelte Kraft und dass über Grenzen hinweg verbunden ist, was zusammengehört.
Liebe Elisabeth,
AntwortenLöschenwas für eine bewegende Geschichte. Mein Herz ist laut am Klopfen. Ich fühle mich direkt angesprochen. Denn hier in Deutschland - meine Mutter musste damals im zweiten weltkrieg fliehen mit Baby auf dem Arm, mit den Eltern und Geschwistern... Auch das steckt mir im Blut, obwohl ich erst nach dem Krieg geborgen wurde.
Der Mammutbaum - der kann auch Geschichten erzählen. Und dass er in deinem Park steht - gigantisch :-)
Alles Liebe
Heidi
Liebe Elisabeth,
AntwortenLöschendanke Teilhaben dürfen an der Geschichte deiner Familie, die mich sehr berührt.
Unser Sohn war neun Tage alt, als in Berlin die Mauer gefallen ist, diesen Moment im Fernsehen zu sehen, das Baby im Arm war für mich sehr berührend und bleibt für mich unvergesslich.
Deinen wunderschönen Mammutbaum zu Hause kannst du täglich umarmen.
Auch den Einblick in deinen Garten aus dem letzten Post und die Herbststimmung - im Laxenburger Park? - habe ich genossen.
Ich wünsche dir einen schönen, sonnigen Herbsttag!
Mit lieben Grüßen!
Christine
Liebe Elisabeth, ich fand Deine Geschichte auch sehr berührend. Es ist immer wieder faszinierend wie das Leben so spielt.
AntwortenLöschenlg kathrin
Was für ein Baum, was für eine Geschichte...
AntwortenLöschenDeutsche, Österreicher und Ungarn gehören einfach irgendwie zusammen, auch wenn die Sprache manchmal eine Barriere ist...
Liebe Elisabeth,
AntwortenLöschenes tut gut, an die Stätten der Kinderzeit zurückkehren zu können ohne Barrieren. Ein Mammutbaum wuchs auch vor unserer Wohnung, diese Riesen sind mir deshalb vertraut. Aber in den Garten wollte ich keinen pflanzen, ich hätte Angst, mich eines Tages gegen ihn oder gegen den Garten entscheiden zu müssen. Ich hätte mich eher für eine Handvoll der schönen Zapfen entschieden. Trotzdem verstehe ich die Magie, diesen Keimling von deinem ersten Mammutbaum zuhause wachsen zu sehen. Mit umarmen ist es bei dem großen schwierig. *lach
Schöne Grüße, Johanna
liebe elisabeth,
AntwortenLöschenwas für ein schöner post - so ergreifend. schön, dass es auch erinnerungen gibt... an was auch immer....vielen dank für diese zeilen!
herzlichste grüße
margit
Danke für diesen Bericht.
AntwortenLöschenGut, daß Ihr gekommen seid - wenn es wohl auch unendlich schwer war, v.a. für die Zurückgebliebenen.
Wie herrlich, daß inzwischen ohne Schranken, ohne Warten, ohne Angst über die Grenze gegangen, gefahren werden kann. Und es möge so bleiben!
GLG Elena
Hallo liebe Elisabeth!...Hab wieder dazu gelernt,sehr aufschlussreich dein Post...Man merkt wieder,wie gerne du Bäume hast...Ein schönes Bild,dass mit deinen Eltern,der Mammutbaum sieht gigantisch aus!
AntwortenLöschenNebel hatten wir diese Woche keinen,aber viel regen und kalten Wind!Gestern war es shr warm bei 13 Grad und sehr sonnig!Freut mich,dass du den Hofladen besuchen möchtest,meldest dich dann halt bei mir!Hab in den nächsten 3 Wochen Zeit,bin im Krankenstand,es ging mir gar nicht gut...Wünsch dir einen schönen Sonntag!LG Andrea!