Ich muss die Erde spüren. Wind, Regen, Sonne, Wasser. Und das so unmittelbar wie möglich. Es tut mir gut, sehr gut.
Ich merke wie mich dieses Erleben stärkt und mich lebendig fühlen lässt. Nicht dass ich mich allgemein unlebendig fühlen würde, nein das gar nicht. Aber da ist etwas, das mich mehr rückverbinden kann als alles andere. In geschlossenen Räumen meditieren kann das nicht ersetzen. Auch nicht ab und zu in den Garten setzen und den Libellen zuschauen.
Mein persönlicher Jakobsweg liegt in Irland ausgebreitet. Soweit nichts Neues. Er hat keine Stempelstationen, manchmal schlechte Wegweiser oder unbegehbare Wege, aber er gehört oft mir (oder bei meinem letzten Aufenthalt im September auch dem Mann an meiner Seite) alleine. Da geht kaum einer! An manchen Stellen trifft man jemanden und freut sich, es ist ja nicht so, dass man die Einsamkeit sucht, aber sich allein in einer Landschaft zu erleben verstärkt das Naturerlebnis noch um einiges.
Die Bilder in diesem Beitrag sind vom Strand in Waterville, Kerry. Da gehen die Einheimischen am Abend mit ihren Hunden auf und ab oder auch so, zum auslüften nach der Arbeit. Es sind meist nicht viele, auch hier nicht, an so einem schönen Ort.
Vom durchkämpfen über die Hügel, die von unten so harmlos daherschauen gibt es keine Bilder. Wenn du die Regenjacke zum fünfzehnten Mal angezogen hast (dazwischen musst du sie ausziehen, weil du sonst vor Hitzestau stirbst, die Sonne dich zur Anstrengung auch noch anheizt) und du aus jedem Schritt im aufgeweichten Hochmoor am liebsten eine Diplomarbeit machen würdest (wie tief sinkst du diesmal ein, womit hat das hier zu tun, wirst du den Fuß mit oder ohne Schuh herausheben, hört das denn hier nie wieder auf, wird die Sonne doch noch herauskommen, oder der sechste Regenschauer auf dich niederprasseln. Das hier ist ein Weitwanderweg, warum also ist er eigentlich unpassierbar, ist zwischen dem Stechginster noch ein Durchkommen möglich oder gibst du gleich auf, usw usf), wirst du die Kamera ganz tief im Rucksack versenken, sonst wirst du sie irgendwann irgendwo ins Moor pfeffern.
Und dann drehst du dich um und siehst, wie sich die Wolken über dem Hügel da drüben bilden, aufbauen und langsam zu dir herüberwandern und beim nächsten Blick kannst du wetten, ob du es noch schaffst, die Jacke rechtzeitig anzuziehen. Und du siehst, wie die Sonne zwischendurch die rötlichen Ähren des hohen Grases golden glänzend macht. Der Wind in der Senke die langen Halme hin und herweht und herrlich singen lässt. Und du willst hier nie wieder weg, weil du das Fell der Erde gefunden hast. Das goldene Vlies, den weichen grünen Teppich, auf dem du dich ausstrecken und für eine Weile bleiben magst ( es aber nicht tust, weil du weißt, dass es da drunter richtig richtig feucht ist)
Früher bekam ich die Krise, wenn es am schönsten war. Ich würde dies hier verlieren, nie mehr erleben, verlassen müssen. Heute nehme ich all dies mit. Das Schöne und das Unangenehme, das Tiefe und das Oberflächliche. Das Mühsame und das Leichte. Es ist in mir, so wie ich es einmal erlebt habe, es verlässt mich nicht. Ich mag es nur von Zeit zu Zeit auffrischen, mich mit allen Sinnen erinnern, meinem Körper erleben lassen, was zu ihm gehört, was ihn fühlen lässt, dass er ein Teil dieser unglaublich schönen Natur ist.
Ängste können sehr subtil sein. Man könnte sich verkühlen, sich verletzen, verlorengehen und Vieles mehr. Aus den Tiefen der Kindheit wirken die Anweisungen gerne weiter. Zieh dir genug an, sichere dich ab, lass dich auf keine Abenteuer ein. Vorsicht schadet natürlich nie, keine Anstiftung zur Waghalsigkeit hier. Das bin ich nicht und werde es wohl nie sein. Aber aus der Komfortzone raus, sehen wie es sich anfühlt, wenn die Bedingungen mal anders sind, sehen wie man darauf reagiert, welche Gefühle und Gedanken auftauchen. Erleben, dass das Eintauchen in die Elemente selten krank macht, sogar sehr selten.
Wir hatten herrliche Tage. Den ganzen Tag draußen, auf den Bergen, am Meer, in den Wolken, im Regen. Zwischen den Steinen und dem Gras, unter Bäumen, beim Moos und den steinernen Elfen im Sand, im saugenden Moor, zwischen dem Kommen und Gehen der Wellen, Ebbe und Flut. Ganze lange Tage verwöhnt von Sonne und Wind, Wärme und Kühle. All das machte keine Schmerzen, auch nichts kaputt, im Gegenteil, es fügte zusammen. Das merke ich mehr und mehr, jetzt, wo es schon wieder ein paar Wochen zurückliegt.
Je älter ich werde, umso mehr freunde ich mich mit dem vermeintlich Unbequemen an, der Kraft der Elemente, der Schönheit des Vielfältigen. Ich sitze auf Erde wie vielleicht noch nie in diesem Leben...
Ja, das kann ich nachvollziehen. Neben all dem Guten und Bequemen, dass man mittlerweile erreicht hat, ist da so eine Sehnsucht nach dem Ursprünglichen. Die Bilder sind sehr gut gelungen!
AntwortenLöschenLieben Gruß
Gabi
Liebe Elisabeth, solche Orte mit so richtig Natur zum Geniessen und Gedanken lüften sind so wertvoll! Und zum Glück oft für jeden etwas Anderes... Deine Lieblingsorte scheinen teilweise schon schwer zu erreichen sein - aber möglicherweise gehört hier besonders schon der Weg zum Ziel. Liebe Grüsse, Miuh
AntwortenLöschenich kann dich gut verstehen liebe Elisabeth!Wie wahr und unterstrichen mit deinen wunderbaren Bildern!
AntwortenLöschenDer Weg ist anders geworden der ist so enorm grossartig diese Erkenntnis gefunden zu haben !
Lieben Gruss Elke
O was sind das für wunderschöne Fotos. Trauhaft.
AntwortenLöschenLG susa
Lust auf Meer... das hab ich auch immer, trotz Liebe zu den heimischen Bergen.
AntwortenLöschenBeides rührt mich unglaublich an: dein Text und die wunderbaren Fotos dazu.
AntwortenLöschenIch gehe jetzt mal ein wenig an der wilden Isar spazieren, mich auch ein bisschen den Elementen ausliefern.
Liebe Grüße Petra
Liebe Elisabeth,
AntwortenLöschendas sind herrliche Bilder und wunderbare Worte, ich danke Dir dafür und , ich kann sehr gut mitfühlen....mir ergeht es ähnlich, je älter ich werde ...
Hab noch einen wunderschönen Abend!
♥ Allerliebste Grüße , Claudia ♥
Oh, liebe Elisabeth, ein wunderschöner Text zu traumhaften Bildern, ja, ich erkenne mich hier in Deinen Worten und Gefühlen. Danke.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Edith
Vielen Dank, liebe Elisabeth für diesen sehr schönen Post. Die zauberhaften Bilder, die bei mir wieder die Sehnsucht wecken. Das Verreisen will bei mir 2016 irgendwie nicht funktionieren. Zum Glück stellen viele liebe Reisende ihre Bilder ins Netz. So kann ich wenigstens von zuhause aus mitreisen :) Liebe Grüße - Hanne
AntwortenLöschenWie wundervoll du das wieder beschrieben hast, um diese Gabe beneide ich dich immer, ich fühle ja das Gleiche! Die Bilder sind einmalig schön. Ich habe auch gerade die See genossen, die Steine angefasst, aber in eine andere Zeit bin ich nicht gegangen. Jetzt bin ich wieder hier - und sortiere mich und die Bilder.
AntwortenLöschenSigrun
Liebe Elisabeth,
AntwortenLöschenwie schön. - Witzig, wie du das Wetter beschreibst, Regen, Hitzestau, Regen, Sonne... Ja, das ist Irland. Auch schön die Adern im Sand,wie auch alles sonst. - Danke für die schönen Zeilen.
LG Heidi
Liebstige Elisabeth,
AntwortenLöschenich mach es heute kurz und bündig: Das ist ein Text zum Versinken... und die Bilder sind es auch - eintauchen, genießen, darin herumspazieren! Schön!
Allerliebste Rostrosen-Sonntagsgrüße, Traude
ttp://rostrose.blogspot.co.at/2016/10/schwarz-wei-rot-ringel.html
Was für ein schönes, liebevoll gestaltetes Blog!
AntwortenLöschenps: Allerdings hab ich hierhergefunden, weil ich EIGENTLICH das Bild zum nächsten Freitagstexter (ok, es ist ja erst dreiviertel zwei ...) gesucht hab;-)