Sonntag, 22. Juni 2014

Plädoyer für das Weibliche / 7

Die Wunde heilen

Was wir wissen: Tausende Jahre männerdominierte Gesellschaften in Europa liegen hinter uns. Unsere Geschichte, wie wir sie vermittelt bekamen ist nahezu ausschließlich von Männern verfasst. Mit dem Fokus, den Männer auf die Welt haben, mit deren Schwerpunkten und Sichtweisen. Es geht hier nicht darum, diese Seite der Welt abzuwerten, es ist nur so, dass es die Hälfte des Lebens  beschreibt. Nicht mehr und nicht weniger. 
Zweifellos ist unsere Welt vom Denken der Männer geprägt, gleichzeitig fällt mir auf, dass es schwer ist zu definieren was eigentlich das Weibliche, der weibliche Zugang zum Leben, die Schwerpunkte von uns Frauen sind oder sein könnten. Wir haben uns verloren, nicht im theatralischen Sinn, nein, in unserem Alltag. Da wo wir unsere täglichen Entscheidungen treffen, unsere Leben einrichten, unsere Schwerpunkte setzen. Wählen, was uns wichtig und was uns nebensächlich erscheint. Im Hintergrund auf uns einwirkend eine lange Kette von Generationen von Frauen, die ihren Töchtern und Söhnen weitergegeben haben, dass Frauen sich großteils aufopfern, zurückstellen, ausrichten auf andere und für sich allein weniger Wert haben als Männer. 

Welche Frau ist so stark, sich da auszuklinken ohne Schuldgefühle zu bekommen und dann doch wieder zurückzurudern. So klafft in jeder Frau eine große Wunde, die sie von ihren weiblichen Vorfahren mitbekommen hat und die immer wieder noch offengehalten wird. Frauen tragen einen großen Teil dazu bei, dass keine Balance entstehen kann, indem sie die männliche Sicht auf die Welt weiter unterstützen und mittragen und sich gegenseitig belasten anstatt einander frei zu geben. Ein schwieriges Thema, wo jede/r einen Wust an Assoziationen abrufen kann und Missverständnisse vorprogrammiert sind.


                                  an einem Kanal in Treviso / Norditalien

Was ist es, was wir in die Welt bringen können, was zutiefst Weibliches ausdrückt? Ist es Liebe, Schönheit, Harmonie, Hingabe, Kraft, Verbindung, Freiheit, Macht, Freude, Fürsorge, Kreativität, Lust?

Ich kann es bis heute nicht eindeutig sagen, nicht einmal für mich. Nur soviel: Ich wende viel Energie auf, um zu transformieren, was mir an verzerrtem Frauenbild mitgegeben wurde. Heilung von Wunden einer langen Kette, die immer wieder zurückzieht und klein hält braucht Zeit, Liebe, Hingabe, Mut und das Vertrauen, dass es möglich ist, zu wachsen und Grenzen aufzulösen. Es geht nicht anders als mit bewusster Arbeit, das ist meine Überzeugung, von selbst kommt keine Veränderung. Kein Zauber, der unsere Welt gerechter, friedlicher und balancierter macht. Manchmal bleibe ich stehen und bin traurig, weil es sich anfühlt als würde ich auf der Stelle treten. Manchmal fühle ich Fortschritte, nicht zuletzt, wenn ich lese, sehe oder höre und erfahre, dass auch andere, Männer wie Frauen daran arbeiten bewusster mit dem Thema umzugehen und Heilung zulassen.


                                                                 Via Pesceria, Treviso


Hier die bisher erschienenen Posts zur Serie zum nachlesen.


  
   

1 Kommentar:

  1. Liebe Elisabeth,
    im Moment kommt mir vor, dass sich ein paar Bloggerinnen mit ineinandergreifenden Themen beschäftigen oder mit Themen, die mehr in die Tiefe gehen als üblich... Wie z.B. Noras Äußerlichkeiten, die zum Inneren gehören. Auch in der etwas "oberflächlichen Modebloggerwelt" gibt es manche Bestrebungen, sich nicht permanent von althergebrachten Schönheitsidealen beeinflussen zu lassen... Eine Auseinandersetzung, der auch ich gefolgt bin - wobei es (du kennst mich ja) bei mir durchaus darum geht, das meiner Meinung nach "Beste" aus meinem Typ zu machen. Ich finde das legitim, denn ich mag Augenerfreuendes und daher will ich mich "so ästhetisch wie möglich gestalten".
    Bei mir scheint die Auseinandersetzung mit meiner Weiblichkeit und der Weiblichkeit im allgemeinen schon recht früh stattgefunden zu haben - jedenfalls schließe ich das aus meinem Bild Schech, über das ich in meinem aktuellen Post ein bissl was erzähle. Und was ich in die Welt bringen will, ist vor allem Lebensfreude. Ob das eine zutiefst weibliche Eigenschaft ist, ist mir allerdings ziemlich wurscht, weil ich sowieso für mich selber entscheide, wie ich sein will... ;o)) Ich denke, wir sollten uns nicht festnageln lassen oder selbst festnageln an "Schwerpunkten von uns Frauen" - damit kann frau sich in einer Gemeinschaft verrennen, die nicht zwangsläufig existiert. Ich kann MEINE Lebensschwerpunkte FÜR MICH entdecken ... aber niemals für jemand anderen.... Manchmal überschneiden sich solche Schwerpunkte jedoch - und DADURCH ergibt sich dann die Gemeinschaft... (Uff, es ist schon spät, ich hoffe, ich kann mich noch so halbwegs verständlich ausdrücken. Wenn nicht, frag mich bitte einfach ;o))
    Ich drück dich ganz lieb! Gute Nacht, Traude

    AntwortenLöschen

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...