Als Kind war ich ernst, ich liebte Bücher und las alles was ich nur kriegen konnte. Puppen? Abgemeldet. Stricken wollte ich unbedingt können, soweit ich mich erinnere, quälte ich meine Mutter noch vor Schuleintritt es mir beizubringen. Von einer Tante bekam ich einen Handarbeitskoffer mit Nadeln, buntem Garn und Stoffstückchen. All das in der alten Wohnung, also noch vor meiner Einschulung, ich erinnere mich genau. Ich liebte schon damals Farben und deren Kombinationen, Illustrationen in Märchenbüchern und das abtauchen in Welten, die anders waren als diejenige in der wir unsere kleinen Kreise zogen. Das Bunte spielte sich oft in meinen Innenwelten ab.
Immer immer, während vieler Jahre konnte ich mich dann mit dem Zusammenspiel von Farben in meinen Händen entspannen. Es war zugleich spannend (wie würde das fertige Stück endlich aussehen) und zentrierend, Schmuck zu fertigen oder zu stricken, häkeln oder zu sticken. Bis ich mit einem Schippel Kindern keine Zeit mehr für solch "überflüssiges" Tun hatte.
Für die Gestaltung der Wohnräume traten praktische Überlegungen in den Vordergrund, das Schlafzimmer war zweckmäßig eingerichtet, man brauchte nicht viel mehr als einen Schrank und ein Bett.
Dann die Wandlung: Was immer es war, etwas Fröhliches begann sich in den letzten Jahren aus mir heraus zu arbeiten. Oder soll ich sagen Verspieltes? Farbverliebt immer wieder mal ja, aber verspielt, nein! Es geniert mich fast ein bisschen. Das war ich nie nie. Und jetzt, auf meine "alten Tage"? Langsam angeschlichen, mit einer neuen Lust fürs handarbeiten begann es mit einzelnen Stücken. Ein kleiner Teppich aus dicker Wolle vor das Bett war schnell fertig und farblich würde es zu einer in sehr zartem Rosa gestrichenen Wand passen. Das Muster hatte mir gefallen, nicht zu auffällig. Als das Schlafzimmer fertig tapeziert und die große bunte Häkeldecke auf dem Polstersessel neben meinem Bett ihren festen Platz bekommen hatte, passte der Teppich nicht mehr, zu eckig, fand ich.
Ich probierte herum und fand eine Lösung. Passende Wollreste gab es noch genug.
So kam es, dass jetzt eine Blumenwiese vor meinem Bett liegt, sie wird nur barfuß begangen. Wenn ich am Morgen meine Augen öffne, sehe ich bunte Blumen und der Tag fängt schon gut an. Auf den kleinen Sessel mit den quietschbunten Kreisen setze ich mich untertags zum meditieren, erden, fokussieren, ruhig werden. Dort wird nichts abgelegt, es ist eine kleine Oase, in einem Raum ohne Fernseher, ohne Bücher (übrigens der einzige im ganzen Haus, in dem es nichts zu blättern gibt) und ich achte darauf, dass auch hier nur Dinge bleiben, die ich auch mag.
Bevor ihr nun den Mann an meiner Seite zu bedauern anfängt, er ist von solcherlei buntem Gedöns auf seiner Seite des Bettes selbstverständlich verschont, er trägt die Wandlung mit Fassung, schließlich ist es des Nachts dunkel und alle Blumen dann auch grau...
Immer noch ein wenig ungläubig schaue ich jeden Tag auf diesen Farbenrausch und stelle immer wieder fest: Ich mag es, ich mag es! Die kleine Puppe ist übrigens selbstgenäht, vor langer Zeit, als ich noch dachte, vielleicht mal eine Tochter zu bekommen. Sie kam nicht und so blieb die Rothaarige mir.
Die grüne Kommode ist vom Kinderzimmer geerbt und nur mit neuen Knöpfen versehen und von der Wand schauen mich stilisierte Blumen an. Damit mich das Ganze nicht erschlägt kommt nur weiße Wäsche auf das Bett.
Das Leben ist doch ernst genug und in meinem Schlafgemach etablierte sich so nebenbei ein bisschen Ponyhof. Ich fürchte fast, das Mädchen in mir schleicht sich auch zeitweise außerhalb dieses Zimmers, das tut aber gar niemandem nie nicht weh ;-)