Auf meinen Reisen besuche ich Bäume wie andere Freunde oder Verwandte besuchen. Dabei plane ich solche Begegnungen nicht extra ein, es zieht mich hin, wenn ich in der Nähe bin und wie beiläufig, als hätten sie mich gerufen, finde ich mich ein. Kurz, auf ein Hallo, ein kleines Verweilen.
Hier auf dem Bild seht ihr die Blutbuche (Fagus sylvatica purpurea) an der Auffahrt zu Bantry House and Gardens im Südwesten Irlands. Als ich sie das erst Mal sah, ich glaube mich zu erinnern, dass es in einem Juni war, konnte ich eine gefühlte Stunde nicht an ihr vorbeigehen. Diese Aufnahme ist im Frühjahr 2010 entstanden, die Blätter sind noch nicht ganz entwickelt, die Krone noch etwas licht. Eine der schönsten Blutbuchen, die ich je gesehen habe.
Als ich vor ein paar Wochen Mitte September wieder an diese Stelle kam, gab es sie nicht mehr. "Honey fungus" (Armillaria mellea, dt.: Honigpilz), sagte die junge Gärtnerin mit Tränen in den Augen, nachdem ich sie fassungslos nach dem Grund gefragt hatte. Letztes Jahr schon wäre es kritisch gewesen, dieses Jahr entschied man sich schweren Herzens den Baum zu fällen, nachdem er sichtbar am Sterben war. Auf die Frage nach dem Alter meinte sie, man wüsste es nicht genau, aber es sei klar, dass der Baum schon da war, als das Herrschaftshaus um 1700 erbaut und der Garten angelegt wurde.
Und sie fügte halb entschudigend, halb tröstend hinzu, dass die Buche heute sowieso nicht mehr ins gestalterische Konzept gepasst habe, weil sie das Haus optisch stark verdeckte und außerdem wäre es nun viel heller in diesem Bereich. Als würde das helfen, vielleicht aber ein Versuch sein, anzunehmen was nicht zu ändern ist. Man könne an dieselbe Stelle keinen jungen Baum pflanzen, der Pilz sei noch da, aber es sei im Park ein Keimling dieser Buche aufgegangen und dieser werde nun gehegt.
Ich werde an dieser Stelle immer die majestätische Schönheit sehen, die diese Buche ausgestrahlt hat und bin dankbar, ihr begegnet zu sein.
So habe ich sie das letzte Mal gesehen, heuer im April noch vor dem Blattaustrieb. Aus dieser etwas anderen Perspektive kann man erahnen, wie mächtig ihre Krone war.
Übrigens: Auf allen drei Fotos seht ihr irischen Himmel. Auf Schäfchenwolken und tiefes Blau ist dort Verlass. Nicht immer, aber immer wieder!